Coolcation unlimited, the End

 In Allgemein
Dichte Flechten und Niederwuchs sind die vorherrschende Vegetation

Bald nachdem wir Trondheim auf der E 6 , die Skandinavien von Südschweden, über Oslo bis an die russische Grenze nach Kirkenes durchläuft, verlassen haben, sind wir in einem großen Hochplateaus. Obwohl, oder vielleicht deshalb, weil ich immer im Gebirge gelebt habe, mag ich diese Landschaftsform sehr gerne.

Auf festem Boden und bei weiter Sicht, zieht mich der Horizont förmlich an und die Entfernung verschwindet. Das ist angesichts der Größe des Lande sehr von Vorteil und lässt mich die Umgebung stets spannend erleben.

Am Hochplateau des Dovrefjell (~900 m) überrascht uns ein Sonnenfenster und wir machen bei Hjerkinn, entlang des historischen Pilgerweges Kongsvegen, der von Oslo zum Dom von Nidaros in Trondheim führt, eine entspannte Wanderung. Schon seit altersher führen Handelswege durch diese Ebene. Wie mühsam die Menschen dem kargen Boden ihr Leben abgerungen haben, lässt sich erahnen. An Wasser mangelt es jedenfalls nicht. Wer meint, er könne einfach gradewegs durch die Gegend laufen, kehrt bald gerne mit matschigen Schuhen auf den Pfad zurück.

Der Pilgerweg führt nach Trondheim
Freude über das trockene Wetter

Im Bergdorf Lom, das romantisch in den Wäldern unter den höchsten Bergen Norwegens liegt, herrscht angenehmes touristisches Getriebe. Nicht zu laut und plakativ, eben nordisch gechillt. Es sind sehr internationale Gäste im Skandinavien unterwegs und die Gesichter vielen Völker sind zu sehen.

Das Bergdorf Lom

Ganz besonders beeindruckend ist die auf etwa 1150 zurückgehende Stabkirche von Lom.

Ursprünglich hat es um die 1000 Stabkirchen in Norwegen gegeben, die ausschließlich aus Holz gebaut wurden. Nun sind noch 28 davon erhalten, die durch ihre einzigartige Architektur, mit mehreren Turmspitzen und geschwungenen Dächern, die altnordische Bauweise in die Gegenwart überliefert haben.

Die Stabkirchen mit heidnischen Elementen, wie Wachhunden und Drachenköpfen sind ein magisch wirkendes Bindeglied zwischen sehr alter Mystik und Christentum und erzählen auf spannende Weise über Christianisierung des Nordens.

Die Stabkirche im Lom 12. Jhdt
Prachtvolle Ausstattung

Eine kurvige Bergstraße führt durch die Jotunheimen mit den höchsten Gipfeln Gittertin (2464m) und Galdhopiggen (2469m). Die Straße windet sich bis auf eine Passhöhe von 1400m durch die Berglandschaft. Anfangs sehen wir noch ein wenig von der schönen Landschaft, aber bald verstecken sich die schneefleckigen Berge im dichten Nebel.

Den Aussichtspunkt auf der Passhöhe suchen wir zwischen den Schneewänden nicht, sondern hoffen auf besseres Wetter auf der anderen Seite.

Hier herrscht der Winter
…und das Eis.

Von Turtagro nach Ovre Årdal fahren wir über den Tindevegen, der einspurig quer durch die Gebirgskette führt, um sich dann von 1300m in 1000 Serpentinen ins Innerste des Sognefjordes hinunterzuschrauben.

Hohe Berge und weite Hochebene
Bizarre Landschaft am Tindevegen
Am Ende des Sognefjordes

Die Norweger haben einen sehr ausgeprägten Nationalstolz, und die Tatsache, dass der Sognefjord der zweitlängste der Welt ist und nur von einem Fjord in Kanada knapp übertrumpft wird, – wer weiß, wie die messen-, erfahren wir von mehreren Seiten. Aber zurecht dürfen sie stolz auf ihr Land sein. In jeder Hinsicht, nicht nur auf die wunderschöne Landschaft.

Bei unserer Fahrt weiter nach Bergen nehmen wir nicht die kürzester Strecke, sondern queren öfters den Fjord und fahren in Seitenfjorde hinein.

Die Fähren fungieren als Hauptverkehrsverbindungen

Einen besonderen Eindruck hat das Dörfchen Fjærland in mir hinterlassen. Das Dorf liegt am Ende des Fjærlandfjordes und war bis vor 20 Jahren überhaupt nur mit einem Fährschiff zu erreichen. Nun führt ein Tunnel in unmittelbarer Nähe vorbei.

Die Gletscher fließen bis weit ins Tal, in einem sehr renommiertes Gletschermuseum kann man sein Wissen auffrischen und im fast entsiedelten Dorf gibt es neben einem kleinen, gut sortierten Supermarkt noch etliche book stores und Kleinkunstläden.

Das kleine Fjærland bezeichnet sich als größter second hand bookstore von Norwegen. Eine ziemlich coole Idee.

Hier wird sicher nicht das große Geschäft gemacht, aber das vom Aussterben bedrohte Dorf berührt und zieht auf unaufdringliche Weise Gäste an. Wanderer, Angler, und viele, die einmal auf einer Gletschzunge stehen wollen.

Zu unserer Freude gibt es auch noch eine schwimmende Sauna und so können wir gut aufgeheizt sogar im Fjord schwimmen. Wer hätte das erwartet am Ende von nowhere!

Gletscher grüßen den Fjord
Einer der second hand book stores
Die schwimmende Sauna
Er hat es selber nicht geglaubt

Die Weiterfahrt durch den Sognefjord ist schön und abwechslungsreich. Wir staunen nicht schlecht, als plötzlich Obstplantagen an den flachen Hängen prangen. Diese Seitenlagen sind windgeschützt und sonnenexponiert und damit sehr klimabegünstigt.

Der 290 km lange Sognefjord hat viele Gesichter, manche Abschnitte ähneln Seen in den Alpen.

Immer wieder hin und her
Ein Blick zurück in den fruchtbaren Fjord

…auf der anderen Seite des Fjordes waren wir in kürzester Zeit wieder im Gebirge bei Restschneefeldern.

Begrünte Dächer im Schiresort Myrdalen nahe Bergen gefallen mir besonders.

Bergen, ganz im Westen des Landes ist die zweitgrößte Stadt Norwegens.

Die Küste ist so stark gegliedert, überall Wasserarme, Inseln und Halbinseln, weit ausgedehnte Wälder und Berge. Dazwischen haben Straßen, Brücken, Stadt und die Häuser von 273 000 Bewohner.innen Platz.

Selten begrüßen nackte Männer

Im historischen Stadtteil Brygen unterhielt der Hansebund einst die einzige Niederlassung im Norden
Am 300 m hohen Fløyen, die beste Aussicht auf Bergen

Ein Wiedersehen nach 35 Jahren

Der persönliche Grund meiner Reise nach Bergen war das Wiedersehen mit Eva und Kjersti, die ich vor 35 Jahren in Indonesien kennengelernt habe.

Wir hatten eine so tolle, unbeschwerte Zeit damals und haben vor etlichen Jahren über social media wieder Kontakt aufgenommen. Es war mein unbedingter Wunsch, die beiden im Zuge der Reise zu treffen.

Nach so vielen Jahren haben wir uns in Evas cabin auf der Insel Lygra wiedergesehen und sehr intensive Stunden verbracht, sind in Erinnerungen geschwelgt und haben von unseren Leben erzählt.

Mir fällt es oft sehr schwer, einen Bezug zur Zeit herzustellen. Manche Erlebnisse sind so intensiv, dass sie immer weit vorne stehen, in erster Reihe sozusagen und zeitlich dadurch kaum einzuordnen sind. So habe ich die Begegnung mit den beiden Frauen abgespeichert und die Zeitspanne von 35 Jahren ist nur schwer greifbar. Macht nichts, so bleiben wir jung. Wie man sieht!

Auf der Insel Lygra nördlich von Bergen
Auch ich mal wieder nichts!
Mehr als einen zarten Regenbogen gibt das Wetter nicht her

Die Luftlinie von Bergen nach Oslo ist nur 305 km. Aber das sagt über die Reisedauer gar nicht viel aus. Das überaus gebirgige Land ist von stark verzweigten Wasserstraßen durchzogen, und wo grad kein Berg oder Fjord ist, ist sicher ein See.

Die Verkehrswege könnten unterschiedlicher nicht sein. In regelmäßiger Abfolge ist man zu Wasser und zu Lande, auf Straßen, Brücken, Fähren und Tunneln unterwegs, aber als wir dann noch 2 große unterirdische Kreisverkehre befahren haben, hatte ich ein gewisses Raumschiff Enterprise feeling, nur anders rum.

Wieder ein Schlafplatz zum Verlieben

Ein besonderer eye catcher sind die Wasserfälle von Voringfossen, die 180 Meter am Stück vom Rand des Hochplateau Hardangervidda in Richtung des Eidfjordes stürzen. Ein gewaltiges Naturschauspiel einerseits, aber ebenso gigantisch die Aussichtsplattformen und skywalks über die Wassermassen. Inklusive Parkplätze ist das Vergnügen kostenlos.

Solche Maßnahmen sind nicht nur für Touristen sehr sympathisch, denn es verbringen auch sehr viele Norweger, die von West nach Ost reisen immer wieder staunende Momente dort. Attraktionen gehören nämlich nicht nur den Gästen, sondern es ist besonders erfreulich, wenn die auch von Einheimischen geschätzt werden.

Mit Farbe und guter Laune trotze ich dem Regen
Schneestangen bleiben das ganze Jahr
In der Hardangervidda finden wir wieder einen tollen Stellplatz

Die Hardangervidda ist mit 9000 qkm das größte Hochplateau Europas.

Es führen Wanderwege und Schirouten durch die nahezu menschenleere Berglandschaft und nicht der Höhenunterschied, sondern die Entfernung ist die Herausforderung. Man sollte wirklich gut vorbereitet sein, denn das Wetter schlägt rasch um und die Sicht geht gegen Null.

Ebenfalls ist es unmöglich, aufs grade Wohl ein scheinbar leicht erreichbares Ziel anzupeilen, weil allerorts sumpfig nasse Wiesen lauern und vermeintlich stabiles Grünland sich erst durch schlürfenden Einsinken als Irrtum entpuppt. Über meine gut imprägnierten Schuhe bin ich recht froh, – und der Dreck fällt ja wieder ab. Wenn er mal trocken wird😆

Ein Sonnenfenster und eine Wanderung sind uns gegönnt. Himmel was willst du mehr. Zum Reinschnuppern reicht es allemal und der Plan, hierher wieder zurück zu kommen, liegt nahe. Die so weite und naturgewaltige Landschaft beeindruckt mich stark und fordert zugleich großen Respekt.

Viele kristallklare Seen
Vergletscherte Berge im Hochplateau
Sehr schnell ändert sich das Wetter
…und damit bald die Sicht

Weiter fahren wir durch die Hardangervidda, bis in die tiefer liegenden, sanfteren und bewaldeten Regionen der Provinz Telemark.

In die erste Blumenwiese seit langem gleich verliebt

Das warme Grün der Getreidefelder und die Temperatur um 20 Grad fühlen sich paradiesisch an.

Im Ständchen Heddal besuchen wir die größte Stabkirche Norwegens und ein kleines Freilichtmuseum, in dem einige für die Telemark typischen historischen Bauernhöfe und Speicherhütten zu sehen sind.

Die Speicherhütten sind mäusesicher auf Stelzen gebaut und die Treppe ist freistehend, eine gute Schrittbreite vom Gebäude entfernt. Ziemlich einfache Lösung, aber sehr clever.

Es ist wirklich unglaublich, was es unterwegs den ganzen lieben, langen Tag immer zum Schauen gibt. Langweile kommt da nicht auf. Am Abend bin ich auch ohne wandern müde und genieße das komfortable Bett in unserem Womo.

Wir merken nach den mittlerweile 7 Wochen auf Reisen, wie geschmeidig der Ablauf unseres Traveller Alltags läuft. Man gewöhnt sich ans Hantieren auf engstem Raum und das anfangs allgegenwärtige „Wo ist???“ wird bedeutend weniger.

Grüne Felder
Sanfte Wiesen
Heddal, die größte Stabkirche Norwegens
Mäusesichere Speicher
Am Telemarkfjord angekommen
Auftauen am Strand bei Porsgrunn

Auf der romantischen Fahrt über die südliche Küstenstraße halten wir in einigen sehr hübschen Städtchen. Hier im Osten ist das Klima sehr viel milder und Oslo empfängt uns mit Schönwetter. Na bitte, geht ja!!!

Sandefjord
Åsgårdstrand
Camping Ekeberg in Oslo

Oslo haut mich sozusagen um. Selbst Christoph, der Stadtskeptiker ist begeistert.

Eigentlich war ein Besuch gar nicht geplant, weil ich meine beiden Reisefreundinnen aus Bergen das nächste Mal in Oslo auf einen cult and chat trip treffen werde.

Norwegens Hauptstadt war sozusagen Plan B. Aber das bedeutet in dem Fall, B wie besser!

Am Weg von Ekeberg die beste Aussicht
Die Moderne, wie ich sie liebe
Munch beeindruckt definitiv von Innen noch mehr
Die moderne Oper vom 12 Stock des Munch aus
Das Munch um die Oper, 2 Superlativen
Rathaus
Nobel Peace Center
Eine Stadt zeigt auf
In luftigen Höhen über Oslo

Wir waren leider nur 2 Nächte in Oslo, denn die Planänderung hat sich ja erst durch das schlechte Wetter in der Hardangervidda so ergeben. Auch wollte ich Christoph nicht noch eine nordische Hauptstadt zumuten, aber in dem Fall musste er einfach durch.

Die Sightseeingtour durch Oslo, die wir nach dem ausgiebigen Kunstgenuss im Munch Museum unternommen haben, ist rekordverdächtig. Aber mir ist nicht nur vom langen Marschieren der Atem knapp geworden.

Es ist gut, dass wir seit der letzten Großstadt, so viel Natur und Landschaft erlebt haben, denn sonst wäre es kaum möglich, diese Vielfalt an Architektur und Details einigermaßen aufzunehmen. Wir haben einen unglaublich schönen Tag in Oslo erlebt, sind den ganzen Weg zurück zum Ekeberg wieder zu Fuß gegangen und haben mehrstimmig- what a wonderful day – gesungen!

Nun treten wir endgültig die Fahrt Richtung Süden an. Wir haben noch eine gute Woche Zeit und fahren über Schwedens Westküste nach Dänemark, Deutschland und heim nach Österreich. An die langen Fahrten haben wir uns bestens gewöhnt und der -im Reisen immer wieder etwas Neues entdecken- Modus, ist noch auf ON.

Unsere erste Skandinavienreise wollten wir ohne große Fährfahrt machen, sondern eben so auf dem Landweg. Beim nächsten Mal werde ich mich auch auf ein großes Fährschiff über die Ostsee wagen, aber fürs erste Mal war es Schiff ahoi genug für mich.

Malerischer Campingplatz in Rörvick
Rosa Felsen entlang der Küste
Na gut, so werden die Scheiben auch wieder sauber
Wir lassen uns die Laune nicht verderben
Und die Nordländer haben ohnehin kurze Hosen an
Belebte Stege trotz Regen in Smögen
Idylle in den Schären
Abschied von Schweden am Strand von Helsingborg
Schloss Kronborg in Dänemark
Auf der kurzen Fährverbindung über den Öresund kann ich schon entspannt lachen

Beim Anblick dieser üppigen Blumenwiese irgendwo in Jütlands Weite freue ich mich aufs Heimkommen, auf David und Christina , auf meine Familie und Freunde und auf den Sommer zwischen Niederndorf und Palfau.

Reisen ist mir sehr lieb! Und ich bin dankbar, dass es mir möglich ist. Auch dankbar dafür, dass Christoph meine Reiselust teilt und meine Familie es akzeptiert.

Besonders dankbar aber dafür, dass bisher alles so gut und unbeschadet gelaufen ist. Möge es weiterhin so bleiben.

Danke.Leben

Die Huberin - Freigeistin und Reisende