Reiseziele in Italien waren für mich als Hüttenwirtin nur bedingt attraktiv. Die mir zur Verfügung stehende Reisezeit im Winterhalbjahr war hervorragend geeignet , um Trekkingreisen nach Nepal und andere Fernreisen zu machen. Da will ich auch gar nicht klagen, denn ich bin ganz und gar nicht zu kurz gekommen. Jedes Lebensmodel hat eben Vor-, aber auch Nachteile.
Mir sind viele Reiseziele in Europa unbekannt und genau das soll sich nun langsam ändern. Dazu wurde unser Wohnmobil, der Herr Max angeschafft. Wie es sich bis dato darstellt, haben wir mit dem Wohnmobil wirklich unseren Reisenerv getroffen. Auch sind die anfänglichen Bedenken wegen der 6,40 m Länge nach nun mehr als 13000 Reise km verflogen. Wir stellen fest, dass wir uns maximal im Mittelfeld bewegen und sind durch ausreichend Frischwassertank und Photovoltaik wirklich sehr unabhängig. Und das kommt unserem Reisestil sehr entgegen!
Natürlich verfolge ich auch beim Reisen gerne einen Plan, …aber nur bedingt, nach Lust und Laune nämlich. Ich orientiere mich an Reiseliteratur und bin immer sehr dankbar für Tipps von anderen. So finden wir besondere Orte. Wobei natürlich für jeden etwas anderes besonders ist. Ich möchte auf gar keinen Fall in einem Reiseburnout landen, sondern brauche meine Zeit, und nun nehme ich die mir auch. Deshalb lassen Christoph und ich mal die eine oder andere Stadt mit klingenden Namen aus und besichtigen nicht jede Sehenswürdigkeit.
Nach doch anstrengenden Bergtagen im Gran Sasso haben wir unseren Apulien Trip mit ruhigen Badetagen in Mattinata ( Gargano) begonnen. Mitte September ist das Badewetter noch perfekt hier und wir Glückspilze haben einen Wohnmobil Stellplatz mit Strandzugang gefunden. Park4night ist übrigens eine richtige gute App!
Nach 3 Tagen fahren wir der Küste entlang, an Bari vorbei, nach Monopoli. Dieses Städtchen wurde uns schon daheim sehr empfohlen und unterwegs haben uns 2 junge Reisende noch einen herrlichen Platz zum Bleiben verraten. Nur kurz vor Monopoli stellen wir uns direkt an den flachen, felsigen Strand. Der Hintergrund ist unattraktive Vorstadt, aber Frau soll ja ohnehin nach vorne schauen.
Außerdem gibt’s freihaus noch eine kleine Felsenbucht neben dem Wohnmobil und der Ausblick nach vorne ist wirklich phänomenal. Es stehen nachts etwa 10 Wohnmobile auf diesem Küstenfelsen und das ist scheinbar kein Problem. Einheimische kommen am Tag zum Baden, es gibt kostenlos WC und Dusche. Für Müllkübel und mit Naturstein gepflasterten Zugang zum Strand hat die Kommune auch Geld. Mir wurde der Süden Italiens zuhause ganz anders geschildert.
Von Monopoli fahren wir nur wenige Kilometer weiter nach Alberobello, die Stadt der Trulli, so werden diese pittoresken Rundhäuser genannt. Auch hier finden wir wieder einen wunderbaren Stellplatz, im September für uns allein!
Diese Trulli Häuser in Alberobello wurden großteils im 14 Jahrhundert in Trockenbauweise unter der Ägide eines findigen Landesfürsten gebaut. Dadurch die Trockenbauweise nicht als festes Bauwerk galt, mussten die Bauern dafür keine Steuern an das Königreich Neapel zahlen. Clever, clever, sagt mein Steuerberater dazu😜, das schauen wir uns genauer an!
Nach 2 Nächten im historischen Steuerparadies verbringen wir einen feinen Sonntag in Lecce. Goldener Sandstein und opulente Kirchen und Palazzi geben der Stadt den Beinamen Florenz des Südens. Wir haben sehr fein gespeist und sind wunderbar durch geschichtsträchtige Straßen geschlendert, – Sonntag eben.
In Apulien scheint immer alles zur Stelle zu sein. Deshalb fahren wir weiter in die als sehr naturbelassen beschriebene Bucht Punto d‘ Prosciutto und finden nach soviel unterschiedlichen Städten und Eindrücken einen einsamen Strand vor.
Nach einem beschaulichen Ruhetag sind wir nun wieder am Weg in den Norden und verlassen Apulien, um am Weg zurück in die Abruzzen noch die Felsenstadt Matera in der Provinz Basilikata zu besuchen.
Auch in Matera, das UNESCO Weltkulturerbe ist wirklich ein Platz, wo sich zurecht Touristen aus allen Ländern tummeln, gibt es für Wohnmobilisten freie Stellplätze für Tag und Nacht. Und das 15 Gehminuten vom Zentrum. Warum geht das hier? Es reisen doch auch keine anderen Leute als in unseren Gefilden. Wenn man das Vorurteil dem fahrenden Touristen gegenüber abbaut und eingesteht, dass Touristen generell für Umsatz sorgen, kann das auch bei uns möglich sein. Und dabei geht es in erster Linie nicht um umsonst und gratis, sondern um überhaupt möglich.
Das Klima in Matera ist angenehm, der Boden fruchtbar und im Sandstein und Tuff lassen sich gut Höhlen graben. Die Stadt wirkt von außen wie aus Stein gemeißelt und ist im Inneren ein verschachteltes Geflecht von zigtausenden Höhlen, deren Besiedlung auf die Jungsteinzeit zurückgeht und Matera zu einer der ältesten ständig bewohnten Siedlungen der Welt macht.
Einfach außergewöhnlich beeindruckend.
Wieder einmal fühle ich mich sehr privilegiert und glücklich, das alles erleben zu dürfen. Unterwegs zu sein, schauen, erfahren, genießen und ganz wichtig,- dabei auch noch richtig Spaß haben.
Nach knapp 600 km in 10 Tagen haben wir Apulien noch lange nicht kennengelernt, aber ganz tiefe Eindrücke gewonnen und mit dem sicherem Gefühl zurückzukommen, sind wir weiter nordwestwärts in den Nationalpark Abruzzen weitergezogen.
Dem Reisenden offenbart sich die Welt täglich neu. Unsere Welt ist unterwegs und besonders hier jedenfalls besser, als sie uns über die unzähligen News Kanäle präsentiert wird.
Danke. Leben