Coolcation unlimited Teil 1

Wie habe ich mir das Reisen in den Norden eigentlich vorgestellt? Diese Frage kommt mir zwar öfter in den Sinn, dann ist der Gedanke gleich wieder verflogen und ich befinde mich wieder im Augenblick. So wie ich mein Leben immer versucht habe, im Jetzt zu leben, mich zwar gerne an Erlebtes erinnere und auch durchaus Pläne verfolge, so ist der Augenblick für mich doch das Bestimmende.
Wie viele Minuten ist ein Augenblick? Diese Frage trage ich seit einer Erzählung meines geschätzten Onkel Franz in mir.

Ob ich Eindrücke dieser Reise vermitteln kann, ist fraglich. Es ist so viel und wie kann man das messen? In Zeit, Kilometer, Breitengrad? Vielleicht in erlebten Augenblicken.



Wie fahren in der Mitte Schwedens durch weite Landschaft die E 45 Richtung Norden. Ich warte,?bis mich der Anblick der ewigen Wälder ermüdet. Immer wieder versuche ich die unendlichen Wälder von einer Straßenkuppe aus zu fotografieren, aber der Spruch, dass man vor lauter Baum den Wald nicht sieht, oder umgekehrt, bekommt hier im Norden wirklich eine neue Dimension.


Bald sind wir am nördlichen Polarkreis und verlassen bei Jokkmokk die Hauptstraße und fahren nach Nordwesten nach Kvikkjokk, mitten ins Abseits.
Diese Sackgasse am Rand des Sarek Nationalparks ist außerhalb der Wandersaison nahezu menschenleer. Nur 25 Menschen der samischen Volksgruppe leben hier ständig.
Das indigene Volk der Sami lebt auf Schweden, Finnland, Norwegen und Russland verteilt. Rentierzucht und Fischfang bestimmen seit Jahrtausendenen die Lebensweise. Wie überall auf der Welt hat die nomadische Urbevölkerung die gleichen Probleme. Erzwungenes sesshaft werden und Grenzen. Die Lebensgrundlage der Indigenen ist die Natur, und die hat keine staatlich festgelegten Grenzen.
Mittlerweile sind die Sami sesshaft geworden, wechseln aber dem Weidezyklus der Rentiere angepasst die Wohnsitze. Man erkennt die Häuser der Sami meist daran, dass Pickups und Wohnwägen davor parken. Früher das Zelt, jetzt der Wohnwagen. Zumindest sind die Sami und ihre Sprachen mittlerweile staatlich anerkannt und dem Verschwinden der Kultur wirkt man durch sehr gut aufbereitete Museen entgegen. Auch wird der Sami Kultur vor allem in touristischen Angeboten Raum eingeräumt.


In Kvikkjokk nutzen wir ein Schönwetterfenster und verbringen einen wunderbaren Wandertag am Kungsleben, dem viele Kilometer durch die Weiten und Gebirge Schwedens führenden Wandertrail.
Es gibt hier nicht die Wanderinfrastruktur, die wir von den Alpen gewohnt sind und daher ist uns ein markierter Weg sehr willkommen. Die Herausforderung der Wege sind nicht die Höhenmeter, sondern die schier unendliche, meditative Weite. Bewirtschaftete Hütten gibt es nicht, nur in größerer Abständen Selbstversorgerhütten zum Nächtigen.




Teilweise geht man auf Holzstegen, denn der Untergrund ist oft morastig. Wieviel Schnee hier im Winter liegt, kann man auf Grund der ungeheuren Wassermengen erahnen, die in sich auf kurzer Distanz vom Bächlein zum reißenden Fluss verwandeln.

Nach dem lohnenswerten Abstecher ins Fjell (Gebirge) fahren wir weiter die E 45 Richtung Norden, verbringen noch Zeit beim Angeln an den unzähligen Seen und erreichen bald die finnische Grenze.




In Finnland ist Rovaniemi, eine der Städte, die mir schon viele Jahre im Kopf umher geistern das erste Ziel . Rovaniemi liegt direkt am nördlichen Polarkreis, ist die Hauptstadt von Finnisch Lappland und ist, nachdem sie im 2. Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde, eine sehr neuzeitliche Stadt. Mit dem stadtbaulichem Konzept wurde unter anderem der finnische Architekt Alvar Aalto betraut. Mir gefällt die reduzierte nordische Architektur sehr gut. Klar und zweckmäßig, ohne kalt zu wirken. So empfinde ich das zumindest, aber unserer monarchistischen Vergangenheit entspricht es nicht.
Die Menschen in Finnland sind super freundlich und entspannt. So anders als das kühle Wetter 😆 Am Campingplatz ist nicht viel los, wir haben einen Stellplatz direkt am Fluss Kemijoki. Wir genießen die warme Dusche und eine heiße finnische Sauna.

Besonders sehenswert ist das Museum Artikum, das sich auf sehr verständliche Weise mit dem Wesen der arktischen Regionen auseinandersetzt.







Christoph ist ja nicht so der Städtetourist, drum geht es nach 2 Nächten weiter in Richtung Inari See.
An die Entfernungen gewöhnt man sich und steckt die Fahrerei gut weg. Es gibt ja einiges zu sehen auf der Straße, aber hauptsächlich schon Wald und Wald.


Wir finden zum Schlafen außerhalb der Städte fast immer schöne, oft kostenlose Plätze. Wasser und Strom haben wir mit und an Essbaren mangelt es nie.



Herrlich aufkochen lässt es sich drinnen und draußen. Sobald das Wetter schön ist, erkunden wir die wirklich sehr unberührte Natur. Das unterwegs sein macht uns viel Freude. Wir sammeln Erinnerungen!



Der Inari See im Norden Finnlands ist eigentlich ein See, wirkt aber durch die unzähligen Inseln wie eine riesige Seenplatte. Irgendwo ist gefühlt immer was davon zu sehen.

Aber in der Ebene ist es gar nicht so leicht den See auch als solchen zu sehen. Einige niedrige Berge reichen aber schon, um sich Überblick zu schaffen.
In Inari ist neben ganz viel Natur noch das sehr berühmte Sami Museum Sida zu empfehlen. Wirklich lohnend die Ausstellungen und noch dazu ein gutes Restaurant. Auch das ist mal fein.

Unsere Reise geht weiter nordwärts in Richtung norwegische Grenze. Die Einsamkeit wird noch einsamer hier. Es gibt kaum noch Siedlungen.




Beim Utsjoki Fluss in Nuorgam verlassen wir Finnland und kommen nach Norwegen. Auf den Straßenschildern ist schon Murmansk zu lesen. Aber nach Russland wollen wir ja nicht.
Wir schnuppern arktische Meerenluft am Varangerfjord, der schon zur Barentssee gehört und sind ganz ehrfürchtig, wie weit in den Norden wir schon gekommen sind.



Die kleine Hafenstadt Vadso ist der östlichste Punkt, den wir erreichen. Nun wenden wir uns wieder dem Westen zu, obwohl abenteuerliche Gedanken mich beschleichen, wie man da wohl weiter nach Russland fahren könnte.
Vielleicht passieren Wunder und die Welt wird einmal so friedlich, dass Menschen in Frieden leben und sämtliche Länder unseres schönen Planeten bereisen können.
Mit dem Wetter ist schon ein kleines Wunder geschehen. Das zaghafte Zwischenhoch, das sich für den Norden angekündigt hat, scheint es wirklich zu geben. Wir fahren von Osten her über eine sehr entlegene Strecke durch die nördlichsten Fjorde und Landschaften zum Nordkap. Eine unglaubliche Landschaft und Stimmung erwartet uns. Wunder passieren eben doch und es wird richtig sonnig für 2 Tage im höchsten Norden.

Mächtige Berge auf den Halbinseln im arktischen Meer wechseln sich mit Fjorden. Die 3 großen Fjorde, Tanafjord, Laksefjord und Porsangerfjord spalten die karge, frostige Gebirgslandschaft an der Nordspitze Europas. Eine faszinierende Welt tut sich uns auf. Der geringe Höhenunterschied zwischen Fjord und Fjell entscheidet über unwirtlich und ein bisschen weniger unwirtlich. Doch bei Sonnenschein einfach eine wahnsinnig tolle Fahrt. Wir halten oft an und staunen.






Wir finden den perfekten Platz zum Nächtigen. Sehr vorsichtig lenke ich unser Womo rückwärts einen sehr schmalen Feldweg hinunter. Christoph weist mich ein. Aussteigen hätte ich ohnehin nicht mehr können, so dicht wachsen die Büsche. Es klappt ein Seitenspiegel weg, es kratzt und rumpelt verdächtig. Ein Stoßgebet, bitte nicht am Ende Europas den Wagen in den Sand setzen. Und dann stehe am wohl schönsten Platz von Niederndorf bis zum Nordkap. Christoph meint lakonisch, „ich hab dir eh gesagt, dass es eng wird. Aber schön ist’s da.“







… und auf den nächsten Tag, der uns hoffentlich bei anhaltendem Schönwetter zum Nordkap bringt. Danke.Leben
Weiter gehts bald mit Coolcation unlimited Teil 2.