Übung macht den Meister!
Mein Lebenspartner Christoph und ich üben Ruhestand.
Nachdem ich seit Jahresbeginn im Hüttenwirtinnenruhestand bin und Christoph sich auch bald mehr Zeit nehmen kann, haben wir uns eine Auszeit verordnet und sind mit unserem Wohnmobil, dem Herrn Max für einen Monat in Italien unterwegs.
Aller Anfang ist schwer, – aber das Chaos das bei uns losbricht, bevor wir aufbrechen, ist schwerer. Ui, da kommt Stimmung auf, wenn Frau Huber alles fein vorbereiten will, Pläne schmiedet, Reiseführer liest und der Herr Christoph ganz erstaunt feststellt, dass es am nächsten Tag ja schon los geht. Es leben hoch die Gegensätze, da wird es nie langweilig.
Aber nachdem wir nun doch sehr geübt im Reisen und im Ausgleich unserer Gegensätze sind, lichten sich die Wolken, sobald die Räder rollen.
Und die Räder rollen in Richtung Bella Italia.
Nach den vielen Sommern im schönen Kaisertal, steht das Gran Sasso Massiv in den nördlichen Abruzzen schon lange auf meiner Bergwunschliste. Und Wünsche sind ja zum Erfüllen da!
Wir fahren über Ancona der Adria entlang bis Benedetto del Tronto und folgen dem Flusslauf des Tronto ins Landesinnere.
Der Ortsname Aquasanta lässt mich aufhorchen und bei einem marodierenden Kurhotel eine Schwefelquelle entdecken.
Wir kommen von Norden über enge Gebirgsstrassen in den Nationalpark Gran Sasso e Monti della Laga. In vielen Ortschaften dieser sehr abgeschiedenen Bergregion sind die Spuren des Erdbebens von 2009 noch sichtbar. Die Dörfer sind teilweise verwaist und die Einsamkeit dort lässt kaum glauben, wie nahe Rom liegt.
Unsere erste Wanderung machen wir vom Lago Campotosto auf den Monti di Mezzo (2153m) und staunen nicht schlecht, dass in einem renommierten Wanderführer auf kostenlose Wohnmobilstellplätze entlang des Sees aufmerksam gemacht wird.
So geht also Tourismus im Nationalpark auch?!
Mir war nie bewusst, wie niederschlagsreich die Abruzzen sind. Besonders der Norden zeichnet sich durch Wasserreichtum aus.
Den Corno Grande, den Hauptgipfel des Gran Sasso mit 2912 m besteigen wir von Norden, vom Prati di Tivo aus und finden über dem Bergdorf Pietracamela wieder einen wunderbaren Stellplatz.
Der Aufstieg ist ab der Bergstation der Seilbahn La Madonnina nach 900 hm geschafft und für trittsichere und schwindelfreie Bergsteiger.innen gut machbar. Die Aussicht ist grandios und total abwechslungsreich. Die zerklüfteten Felsentürme einerseits, die weiten runden Gipfel und das sich nach Süden erstreckende Campo Imperatore andererseits.
Für den Abstieg wählen wir eine längere Variante, die uns erst über den Normalanstieg Richtung Süden und dann über das abgelegene Val Maone wieder zurück zum Prati di Tivo führt. So wird der Tag auch ausgenutzt 😜 und marschieren eine wirklich perfekte und landschaftlich reizvolle Runde.
Nach der Besteigung des Cornu Grande fahren wir gegen den Uhrzeigersinn um das Massiv herum und kommen ins Campo Imperatore.
Im Norden begrenzt vom Gran Sasso und einer nach Osten hin auslaufenden Kette teils bizarr felsiger Gipfel und teils runder Bergrücken. Das ist eine der beeindruckendsten Gegenden, die ich je gesehen habe. Ich habe mich voll in diese Hochebene verliebt. Wiesen und Weidefläche, Kühe, Schafpferche. Einige Strassen. Es gibt so viel und nichts zu schauen.
Mitten im Campo eine Kreuzung und ein großer Parkplatz, Wohnmobile, Motorräder, Zelte. Wir denken, da ist ein Fest, Roadmovie Stimmung. Da müssen wir dabei sein.
Von hier aus besteigen wir den Monte Camicia 2564m und haben den ganzen herrlichen Tag das Campo Imperatore unter uns, die Bergkette des Gran Sasso vor uns und eine tiefe Freude in uns.
Nach dieser großartigen Sonntagstour freuen wir uns wie kleine Kinder, dass das Ristoro Mucciante noch bis 18 Uhr geöffnet hat. Denn jetzt wissen wir schon, dass das Fest am Campo täglich stattfindet.
Nach der ausgiebigen Woche 1 unsere Ruhestandsprobezeit und einem heftigen Unwetter verlassen wir erstmals die Berge.
Aber nur vorübergehend.
Und schon geht’s weiter.
Danke. Leben