Coolcation unlimited Teil 2

Zeit ist ein unschätzbarer Wert
Christoph und ich sind jetzt knapp 4 Wochen unterwegs und haben meines Erachtens nicht getrödelt. Es ist einfach ganz schön weit bis ans nördliche Ende von Europa.
Wir sind bereits über 6000 km gefahren. Das ist allerdings nicht die kürzeste Strecke, aber die für uns Schönste. Die Reise war bisher so spannend, dass wir uns eine Steigerung gar nicht vorstellen können.
Heute (07.06.25) brechen wir jedenfalls rasch auf, weil Christoph im Wetterbericht gelesen hat, dass bis 13:30 am Nordkap Sonnenschein angesagt ist! Mittlerweile kann man sich auf die Vorhersagen verlassen. Also los geht’s,. Laut Navi sind es 320 km und viele Kurven auf enger Straße in den Fjorden östlich von Lakselv.




Der Wohnmobilverkehr ist auf der Hauptstrecke, deutlich mehr geworden. Den Radfahrern, die sich das Nordkap er-wadeln, das Wort hat sich mir in Ehrfurcht aufgedrängt, gilt meine absolute Hochachtung.
Bei uns steigt die Spannung, weil sich in den letzten 30 km vorm Nordkap dicke Wolken auftürmen und Nebel unserem Womo um die Nase zieht.
Wer hat an der Uhr gedreht? Es ist schon nach 13:30 ist!



Ich habe schon gezweifelt, aber scheinbar hat sich mein launiger Sager, – Bravheit zahlt sich aus, wiederum bewahrheitet.
Jetzt aber schnell parken, eh fast klar, in erster Reihe und ran an den Globus. Die Wolken über dem arktischen Meer künden schon anderes an.





Am nächsten Vormittag schauen uns noch ausreichend um und genießen Sonne und 12 Grad.
Ich finde es ein wenig abgehoben, diesen Platz als „Touri Ziel“ abzutun, denn es ist schon ein außergewöhnlicher Platz an der Nordspitze Europas. Wir haben auf unserer Reise bisher viele wunderbare Plätze erleben dürfen, aber nun macht’s doch Freude hier zu sein.


Nachdem wir nun so weit gefahren sind, wollen uns noch ein wenig auf der Nordkap Insel umschauen und fahren in das nördlichste Fischerdorf, Gjesvær, nur wenige Kilometer vom Nordkap entfernt. Dort sind wir wieder in den einsamen Gefilden des Nordens. Tagsüber kommen einige Reisende der Hurtigruten zum Bird watching, sonst gibt es hier nichts.

Meine Neugierde hat über die Angst vorm Meer gesiegt, ich steige tatsächlich auf ein Schiff ins Nordmeer hinaus und erlebe beeindruckendes Neuland. Sogar ein paar Seehunde strecken ihren Kopf aus dem eisigen Wasser.







Menschen sind Rudeltiere, fahren dahin, wo viele sind. Manche fahren auch woanders hin. Ich kann mit Rudel, aber auch ganz gut ohne.
Die Reise geht weiter! Seit ich als Kind über die nördlichste Stadt Europas gelernt habe, möchte ich nach Hammerfest. Nun ist’s soweit.
Weil ich nicht nur am Morgen zum Trödeln neige und immer öfter als geplant irgendwo stehen bleibe und mich umschaue, kommen wir meist spät an. Aber das macht im Norden glücklicherweise nichts aus.
Hier im hohen Norden können auch nachts spazieren gehen!








Ein Schiff der Hurtigruten fährt am Vormittag ein und wir weiter Richtung Tromsö.
Bei allem Sonnenschein auf den Bildern sei erwähnt, dass wir uns nur am Nordkap über 12 Grad freuen konnten. Es bleib kühl und windig. Auch ist keine stabile Wetterbesserung in Sicht und wir agieren ganz einfach spontan. Es gibt so viel zu sehen.
Ein weiteres besonderes Highlight ist die Bucht von Alta. Wunderschön nach Westen ausgerichtet und somit durch den Golfstrom klimabegünstigt, haben sich im dieser Bucht bereits vor 10000 Jahren Menschen angesiedelt.

Auf den Felsplatten in Hjemmeluft gibt es die größte Ansammlung von Felszeichnungen und Ritzungen in ganz Nordeuropa. Ein faszinierendes Bild über das Leben und die Mythologie der Menschen ab etwa 5000 Jahre vor unserer Zeitrechnung präsentiert das hervorragende Alta Museum mit einer riesigen Freiluftbereich. Die Felsritzungen sind sehr gut im Audioguide erklärt und so kann man durch die herrliche Landschaft wandernd in lange vergangenene Zeiten spüren. Das ist ja wieder ein besonderes Erlebnis.
Am Abend wird das Wetter wieder besser, wir stellen uns in eine kleine Marina und verbringen Zeit mit Angeln und Mitternachtsonne. Die Stellplätze in Häfen sind meist gebührenpflichtig, aber mit diversen Apps kennen wir uns ja mittlerweile aus. Außerdem findet man immer irgendwo eine Dusche und heißes Wasser zum Wäsche waschen.
Den normalen Tagesablauf neben Reisen haben wir richtig gut im Griff. Der viel belächelte Klappkübel tut beim Wäschewaschen gute Dienste. Nächstens kommt ein zweiter mit, denn Christoph braucht den Kübel auch immer wieder. Man muss also Prioritäten setzen, entweder gut essen oder sauberes Gwand.

Kochen macht immer noch Spaß, allerdings stinkt es im Womo wie auf einem Fischkutter. Christoph behauptet, er merkt nix davon. Na fein, Hauptsache es schmeckt.

Am 12.06. ist Sonne am Radar und wir nehmen die Fähre zu den bekannten Lyngen Alps. Dort machen wir eine Wanderung in den begehrten Schitourenbergen östlich von Tromsö. Wir gehen mutterseelenallein zum bekannten Gletschersee Rottenvikvat, der auf der Höhe von nur 520 m noch friedlich unterm Schnee schlummert. Aber schön ist es, wiedermal von oben die Welt zu sehen.
Das Gebirge ist malerisch schön, vom Fjord steigt es majestätisch zu den eisbedeckten Gipfeln mit 1800 Metern auf. Das sind schon Höhenunterschiede, denen ich allen Respekt zolle. Absolut verständlich, das hier ein Hotspot für Schitourengehen ist.







Am nächsten Tag gibts wieder City and Kultur in Tromsö. What a wonderful life!
Wenn ich euphorisch ausrufe, oh, da müssen wir noch mal her, schmunzelt Christoph oft über meine Begeisterung und fragt, wie alt wir denn eigentlich werden müssen.
Ich bin jedenfalls so dankbar, dass ich soviel erleben darf. Aber es bedarf halt auch des Entschlusses aufzubrechen. Aufbrechen nicht nur zu Orten, sondern auch aus tradierten Gewohnheiten.






Weiter fahren wir von Tromsö zur Insel Senja und zu den Vesteralen. Diese weniger besuchten Inseln nördlich der bekannten Lofoten versprechen Berge und Fjorde in größerer Abgeschiedenheit.
Darüber erzähle ich im Teil 3 von Coolcation unlimited.
Ich freue mich über aufmerksame Leser. Dazu sein erwähnt, dass unser lieber Freund Willi, der meine Geschichten ebenfalls gerne verfolgt, die quälenden Erzählungen über die Hauptplagen des Nordens, die Mücken vermisst.
Fehlanzeige, denen ist’s in diesem Frühsommer zu kalt. Bis dato kein Mückenstich. Also hat das flächendeckend schlechte Wetter auch einen enormen Vorteil.
Danke. Leben